Die Sache mit der Schöpfungshöhe


Fast genau so oft wie im Umsatz Support die Frage nach dem Zeitpunkt des Verbuchens eines Postens eintrudelt – genau so oft taucht auch die Frage auf, ob denn überhaupt die Mehrwertsteuer 'in Rechnung gestellt' werden soll und/oder darf. Oder wenn – ob denn dann der reduzierte Satz zur Anwendung kommt bzw. kommen muss.

Mal gänzlich davon abgesehen, dass es die Mehrwertsteuer seit Jahren nicht mehr gibt, ist die Frage nach der Höhe der Umsatzsteuer bei und für Kreativlinge vor allem von der Höhe der Schöpfung abhängig.

Dabei geht es weniger um biblische und noch weniger um künstlerische, sondern - wie immer in Deutschland - um juristische Dinge. Und diese sind - wie auch immer in Deutschland - eine große Unbekannte.

Nur weil ein Richter in Hamburg mal etwas entschieden hat, heißt dies auch noch lange nicht, dass das Finanzamt II in München dies auch so sieht. Aus diesem Grund in Zweifelsfällen unbedingt auf Nummer sicher gehen.

'Aber der Michael hat gesagt' juckt das Finanzamt nicht die Bohne. Es gibt Prüfer, Steuerberater und auch das Finanzamt. Die alle kann man fragen.

Der reduzierte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent wird dann angewendet, wenn die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten nach dem Urhebergesetz in Betracht kommt. Wir reden hier also von geschützten Werken – dies sind unter anderem:

  • Sprachwerke (Schriftwerke, Reden, Software)​
  • Werke der Musik​
  • Lichtbildwerke​
  • Filmwerke​
  • Darstellungen wissenschaftlicher/technischer Art​
  • Werke der Tanzkunst​
  • Werke der bildenden Künste

Diese Liste könnte man und frau jetzt noch so eine Weile weitertreiben.

Entscheidend ist die so genannte Schöpfungshöhe. Und die richtet sich nach dem Urheberrechtsgesetz. Und da wir von Gesetzen reden, geht hier alles im Einzelfall nur nach der jeweiligen Tagesverfassung des zuständigen Richters.

Nirgends zeigt sich dies so gut wie am Beispiel der Software und des Codes. Eine schnöde Webseite hat keine Schöpfungshöhe, ein nicht lesbares Java-Script schon eher. Ob zum Beispiel mein Umsatz nun eine Höhe hat oder doch nicht, könnte man bis ins Unendliche diskutieren.

Dann gibt es auch noch die wichtige Unterscheidung zwischen Gestalten und Warten - gerade bei Webseiten sehr wichtig zu beachten.

Warten ist eine Dienstleistung, hat (zumindest vor dem Gesetz) keine Schöpfungshöhe und wird somit mit dem vollen Umsatzsteuersatz versehen.

Ob das Programmieren einer Webseite nun Kunst mit einem hohen Schöpfungswert darstellt oder doch nur eine schnöde Dienstleistung ist, beschäftigt die Gerichte schon seit Jahren. Die Tendenz geht leider in Richtung 19 Prozent.

Sollte man oder frau dagegen nur für die reine Gestaltung des Logos zuständig sein, dann ist das ein klarer 7-Prozent-Fall.

Beim Austauschen des Lorem Ipsum gegen einen Text zum Niederknien sieht die Geschichte schon wieder unklarer aus. Man sollte mit den 7 Prozent gehen können, müsste es aber eventuell vor dem Finanzamt gescheit begründen können.

Wer mit Live und seinen alten Doepfer-Krawallmaschinchen den neuesten Hit im Auftrag komponiert hat, der schreibt lediglich die 7 Prozent auf seine Rechnung, der Toni, der dieses Meisterwerk allerdings 'nur' abmischt, der muss die 19 Prozent verwenden. Dies ist zwar (nicht nur in meinen Augen) falsch – aber nun einmal so vorgeschrieben.

Ich denke, die Antwort, wann was anzuwenden ist, wird halbwegs deutlich – wie immer liegt der Teufel allerdings mit dem jeweiligen Gericht im Bett.

Darum hier noch einmal in aller Deutlichkeit:​

IM ZWEIFELSFALL UNBEDINGT ABKLÄREN (LASSEN)!

Und dann gibt es ja sogar noch ein paar (wenige) Glückliche, die gänzlich von der Umsatzsteuer befreit sind.

Dazu zählen unter anderem Lehrkräfte, die an öffentlichen oder Sprachen- und Computerschulen unterrichten, die nach § 4 Nr. 21 von der Umsatzsteuerpflicht befreit sind.

Man muss nur aufpassen, falls zwischendurch mal Privatstunden gegeben werden oder an einem Institut unterrichtet wird, welches eben nicht befreit ist. Denn dann müssen auch wieder die 19 Prozent verwenden werden.