Die Sache mit dem Reverse Charge Verfahren


Als wären die Sachen mit den Steuern nicht schon kompliziert genug, gibt es zusätzlich auch noch das 'Wir gehen alles rückwärts an' Modell, auch bekannt unter der Umkehr der Steuerschuld oder dem Bestimmungslandprinzip.

Ziel dieses Verfahrens ist, den Reibungsverlust in Milliardenhöhe ein klein wenig einzudämmen und die Chancen, dass Unternehmer aus dem Ausland auch tatsächlich ihre Umsatzsteuer in Deutschland abführen, ein wenig zu erhöhen. Umgekehrt soll so sichergestellt sein, dass Leistungen, die deutsche Unternehmer in anderen Ländern der EU erbringen, auch dort versteuert werden.

Der Vorteil für alle beteiligten ist, dass man sich nicht in jedem Land anmelden, eine Steuernummer erstellen lassen und dort eine Erklärung abgeben muss.

Der Nachteil ist, dass es die eigene Voranmeldung/Erklärung im eigenen Land etwas bis etwas mehr verkompliziert.

Geregelt werden diese stetig wachsenden Sonderfälle, bei denen nicht der Erbringer der Leistungen die Steuern in seinem eigenen Land abführt, sondern von demjenigen, der eine dieser Leistungen von einem Unternehmer aus dem Ausland verbraucht/konsumiert und zwar in dem Land, in dem er sie verbraucht/konsumiert im:

§ 13b Umsatzsteuergesetz

Nicht ganz so neudeutsch wird auch neben der Umkehr der Steuerschuld auch von dem Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gesprochen.

Umkehr der Steuerschuld bedeutet, dass nicht der Leistungserbringer, sondern der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist. Dies wird vor allem bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen an ausländische Unternehmer bzw. bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch ausländische Unternehmer verstärkt angewendet.

Bei Dienstleistungen, die grenzüberschreitend erbracht bzw. in Anspruch genommen werden, ist zunächst der Ort der Dienstleistung zu bestimmen. Dieser ist bei Leistungen zwischen zwei Unternehmern grundsätzlich am Sitz des Leistungsempfängers. Nach diesem richtet sich die Verrechnung der Umsatzsteuer bzw. die Frage, wer Schuldner der Umsatzsteuer ist. In der Regel handelt es sich dabei um B2B-Dienstleistungen.

Dieses Katalog an sonstigen/bestimmten Leistungen wächst stetig und mittlerweile blicken nicht einmal mehr alle Berater, geschweige denn Sachbearbeiter auf dem Finanzamt vollständig durch.

Ein Beispiel für solch eine 13b (Reverse Charge) Geschichte ist:

Die Sache mit AdWords
In dem Artikel wird übrigens auch erklärt, wie solche Dinge verbucht werden.

Dies gilt auch für:

  • Werbung auf Facebook, Twitter und Co
  • die Creative Cloud
  • Webdesign
  • Beratung/Consulting
  • SEO
  • Hosting
  • Bereitstellen von Downloads
  • Bereitstellen von Infrastruktur
  • usw.

In der Regel geht es um (elektronische) B2B Geschichten; allerdings gibt es genügend Ausnahmen und auch bei Lieferungen an Privatabnehmer kann der § 13b Anwendungen finden, wenn zum Beispiel bestimmte 'Schwellen' überschritten werden.

Wichtig zu wissen ist auch, dass sich diese '13b-Geschichten' nicht nur auf die EU beziehen, bzw. beschränken, sondern auch für das Ausland (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG) gelten; auch wenn diese Fälle für die meisten wohl eher seltener vorkommen dürften.

Somit bleiben wir bei den Beispielen und Erklärungen etwas näher bei uns und bei den wohl häufiger vorkommenden Dingen. Wir hatten eben schon das Beispiel mit AdWords. Google erbringt eine Leistung in Irland. Google stellt dafür eine Netto-Rechnung aus und der Empfänger führt die Umsatzsteuer in seinem Land ab.

Die Umkehrung wäre, wenn man selber einem irischen Pub-Besitzer eine neue Webseite programmiert und wartet, diesem auch 'nur' eine Netto-Rechnung ausstellen und er müsste dann in Irland 21 Prozent Umsatzsteuer an sein irisches Finanzamt abführen.

Wichtig bei diesem 'Rechnung Ausstellen' sind drei Dinge:

  • nur Nettobeträge dürfen ausgewiesen sein
  • Hinweis auf die Umkehrung der Steuerschuld muss vorhanden sein
  • die gültigen VAT IDs sowohl des Leistungserbringers als auch des Empfängers müssen vermerkt sein

Ist man der Empfänger so einer Leistung (Rechnung) hat man seine Schuldigkeit mit dem Draufrechnen und Abführen der heimatlichen Umsatzsteuer getan. Diese Leistungen werden in Zeile 48 und Zeile 49 der Voranmeldung angegeben und dann direkt wieder in Zeile 59 abgezogen.

Sollte die Buchhaltung mit Umsatz erledigt werden, so geschehen diese Dinge automatisch bei der Auswahl/Zuordnung der jeweiligen Steuer (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) kopfschmerzfrei und automatisch im Hintergrund.

In Umsatz ist ein Beispiel Dokument mit Beispiel Buchungen eingebaut, das unter anderem auch AdWords (Creative Cloud und Co) und AdSense behandelt: » Menü » Hilfe » Beispielbuchungen öffnen …

Ist man dagegen der Erbringer solcher Leistungen, so hat man direkt Mehrarbeit, denn man muss dann zusammen mit der Voranmeldung auch noch eine Zusammenfassende Meldung abgeben.

Diese ZM (Zusammenfassende Meldung) wird auch elektronisch an das Finanzamt übermittelt. In so einer ZM werden alle Verkäufe, Lieferungen in einen anderen EU-Mitgliedstaat (und ggbf. auch Provisionseinnahmen) aufgelistet. Grundlage solch einer ZM sind die VAT IDs (Umsatzsteuer-Identifikationsnummern) der Kunden und die jeweiligen Summen der Umsätze.

Mac User können dies zum Beispiel wunderbar mit dem Steuererklärung.app tun und dieses arbeitet wiederum underbar mit Umsatz zusammen und schon hat man diesen nervigen Mehraufwand mit nur drei Klicks erledigt.

WICHTIG! BITTE UNBEDINGT BEACHTEN! AUCH KLEINUNTERNEHMER MÜSSEN DIESE ANGABEN MACHEN UND DIE STEUER ABFÜHREN, KÖNNEN SIE ALLERDINGS NICHT GELTEND MACHEN UND MÜSSEN AUCH KEINE ZM ABGEBEN!